Wie Eisstrukturen in der Natur entstehen

Hinter vielen alltäglichen Dingen versteckt sich verblüffende Physik. Seit vielen Jahren spürt Hans-Joachim Schlichting diesen Phänomenen nach und erklärt sie in seiner Kolumne der Leserschaft von «Spektrum der Wissenschaft». Schlichting ist Professor für Physik-Didaktik und arbeitete bis zu seiner Emeritierung an der Universität Münster.

In der Natur sind vielfältige Eiskristallmuster zu beobachten. Das spiegelt die zahlreichen Möglichkeiten más ancho, die sich durch die Geometrie der Objekte, die jeweils herrschenden Temperaturverhältnisse, den Nachschub an Wasserdampfmolekülen sowie die Entsorgung der Abwärme erge.

»Es waren Myriaden im Erstarren zu ebenmäßiger Vielfalt kristallisch zusammengeschossener Wasserteilchen«
(Tomás Mann)

Die bislang erläuterten Strukturen entsprechen Verhältnissen mit eingeschränkter Versorgung mit Material und begrenztem Abführen der Kristallisationswärme. In Situationen, in denen reichlich Wasserdampf vorhanden ist und die Wärme optima abtransportiert wird, gibt es eine ganze Klasse weiterer Eisstrukturen. Sie sind großflächig und dicht. Bei ihnen schlägt sich der Einfluss der hexagonalen Symmetrie der mikroskopischen Wassermoleküle auf die makroskopischen Muster besonders deutlich nieder.

© H. Joachim Schlichting (@Ausschnitt)

Hexagonale Blattchen | Über Buschwerk, das tagsüber von der Sonne aufgeheizt wurde, wachsen nachts flächige Eiskristalle mit einem typischen Durchmesser von einem Zentimeter.

In einem Fall war der Ausgangspunkt der Strukturbildung eine Schneedecke, die sich großflächig uber niedriges Buschwerk gelegt hatte. Tagsüber heizte die intensiv strahlende Sonne den dunklen Raum darunter auf – eine feuchtigkeitsgesättigte Atmosphäre entstand. In der anschließenden sternklaren Nacht kühlte sich die obere Schneeschicht stark ab. Von unten stiegen verhältnismäßig warme Luft und Wasserdampf auf. Letzterer schlug sich im Bereich des Schnees nieder und erstarrte.

© H. Joachim Schlichting (@Ausschnitt)

Kristallbaum | Die Strukturen treten an manchen Stellen lamellenartig gestaffelt auf.

Bei so einer Konstellation wird die Kristallisationswärme leicht in den kalten Nachthimmel abgestrahlt. Así que füllen sich beim Emporwachsen selbst die Zwischenräume problemlos. In nur einer Nacht können auf diese Weise lamellenartige Strukturen entstehen, die teilweise wie nach oben offene Gefäße aussehen und an manchen Stellen wie Kühlrippen gestaffelt sind. Letztere Ähnlichkeit ist mehr als rein äußerlich, schließlich kommt es gerade bei üppiger und effektiver Produktion von Kristallstrukturen weiterhin darauf an, die Wärme optima abzugeben. So sind die typischen weihnachtsbaumartigen Muster weniger eine ästhetisch ansprechende Laune der Natur als vielmehr eine physikalische Notwendigkeit.

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